Herr Dr. Ulrich Zeuner (Seminardozent) geht in seiner Textfassung für einen Vortrag auf der Alumnitagung des Lehrstuhls Deutsch als Fremdsprache am Institut für Germanistik der TU Dresden im November 2013 (Abschnitt 2+3) dieser Frage nach. Grundlegende Gedanken und Erläuterungen von Herrn Dr. Zeuner werden im folgenden Artikel aufgegriffen und vorgestellt.
Welche Bedeutung haben ,neue Medien‘ für den Fremdsprachenunterricht?
,Neue Medien‘ eröffnen dem Deutschlerner ,neue‘ Möglichkeiten.
Die im Vorfeld schon erwähnten Attribute Interaktivität, Hypertext und Virtualität des Web 2.0, geben dem Lerner, der hier zum Nutzer wird, die Möglichkeit, ein aktiver Teil eines Lernnetzwerkes zu werden.
Interaktivität bezeichnet dabei nicht nur das wechselseitige Agieren zwischen Mensch und Internet, sondern vielmehr eine Kommunikation, die zwar nicht face-to-face (ausgenommen von Live-Chats) stattfindet, doch aber einen wechselseitigen, kollaborativen und noch dazu authentischen Informations-, Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den Nutzern/Lernern erlaubt. Das Internet ersetzt dabei das Klassenzimmer, die primäre Wirklichkeit ersetzt durch eine künstliche, virtuelle Welt. Lernen ist somit nicht mehr nur an einen Ort (Schule, Universität, Abendschule ect.) gebunden, sondern eröffnet dem Lerner die Möglichkeit, über Landesgrenzen, Entfernungen und Kulturkreise hinweg mit anderen Lernern gemeinsam zu kommunizieren, zusammenzuarbeiten und Erkenntnisse, Wissen und Erfahrungen aufzubauen und auszutauschen. (Vgl. http://uzeuner.wordpress.com/2013/07/31/landeskunde-und-neue-medien/ am 12.11.2014) Nicht nur die räumliche Beschränkung wird durch die Nutzung des Web 2.0 aufgehoben, sondern auch die zeitliche Gebundenheit aufgelöst. Denn digitale Informationen sind überall und jederzeit als Grundlage für den Lerner verfügbar. Aufgaben, Texte oder andere Materialien, die Lerngrundlage bieten, können zeitlich-unabhängig, individuell bearbeitet werden. Der Hypertext lässt sich in dieser Analogie nur schwer einbetten, jedoch steht dem Lerner „[…] im Gegensatz zu einem einfachen Text mit geradliniger Textabfolge, ein Netz von Texten, die miteinander verbunden sind“ (http://www.wissen.de/neue-medien am 10.11.2014), zur Verfügung.
„Lernen heißt heutzutage, sich im Internet die aktuellen Informationen zu beschaffen, Wissen und Ideen mit anderen im Rahmen der sich herausbildenden, webgestützten sozialen Netzwerke zu teilen und zu diskutieren und selbst aktiv zu den in diesen Netzwerken verfügbaren Inhalten beizutragen.“ (http://www.dadalos-d.org/web20/lernen_20.htm am 11.11.2014)
Wie kann es gelingen, Altmayers Definition des ,kulturellen Lernens‘, dessen Ziel Fremdverstehen ist, mit dem im Zitat beschrieben ,Lernen‘ zu vereinbaren? Nachfolgende Übersicht gibt einen Einblick, welche Anwendungen und Dienste des Web 2.0 für die jeweiligen Teilschritte des kulturellen Lernens geeignet sind.
Quelle: http://uzeuner.wordpress.com/2013/07/31/landeskunde-und-neue-medien/ am 12.11.2014
Wenn Lernen durch die Nutzung von Social Media und dessen Werkzeuge kollaborativ, individueller und selbstbestimmter, zeitlich- und räumlich unbegrenzt ist, welche Rolle kommt dann noch dem Lehrer zu? Der Lehrende muss in diesem Kontext eine neue Stellung einnehmen, er sollte nicht länger als bloßer Wissensvermittler agieren, sondern als Moderator oder Lernbegleiter ein Teil des Lernnetzwerkes werden. In diesem Sinne sollte er Lerner und Studierende unterstützen und darauf vorbereiten, ein solches Lernnetzwerk aufzubauen und nutzen zu lernen. (Vgl. http://uzeuner.wordpress.com/2013/07/31/landeskunde-und-neue-medien/ am 13.11.2014) Ebenso wichtig und bedeutend ist die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie ,Web Literacy‘ durch den Lehrenden. ,Web Literacy‘ beschreibt dabei die Fähigkeiten und Kompetenzen für das Lesen, Schreiben und Teilnehmen am Internet.(Vgl. https://wiki.mozilla.org/Webmaker/WebLiteracyMap am 13.11.2014) Zu diesen Kompetenzen zählen vor allem zu lernen, kritisch mit Texten und anderen Materialien umzugehen, denn wie an anderer Stelle erwähnt, verdrängt das ,Wissen der Vielen‘ das Expertenwissen; Orientierungswissen verdrängt Faktenwissen, das immer schneller veraltet. (Vgl. (http://www.dadalos-d.org/web20/lernen_20.htm am 13.11.2014)
Nicht nur Lehren muss also im Zeitalter des Social Media neu definiert werden, sondern auch Lernen muss einen neuen Rahmen erhalten. ,Neue Medien‘ und deren Nutzung erheben somit den Anspruch, alles bisher Dagewesene neu zu überdenken und neue Wege zu schaffen. So wird Lernen heutzutage mehr denn jemals zuvor als ein lebenslanger Prozess verstanden.
Der von Michael Wesch im Juni 2008 an der University of Manitoba gehaltene Vortrag “A Portal to Media Literacy” (deutsche Zusammenfassung von Herrn Dr. Zeuner) enthält eine konstruktivistische Vorstellung von Lernen, die sehr gut für das Lernen mit neuen Medien geeignet ist. (Vgl. http://uzeuner.wordpress.com/2013/07/31/landeskunde-und-neue-medien/ am 13.11.2014)
Wesch versteht unter Lernen keinen reinen Informationserwerb, sondern Lernen bedeutet für ihn, Informationen zu diskutieren, zu bezweifeln, zu kritisieren, zu teilen und zu schaffen. Ferner heißt Lernen für ihn, bedeutungsvolle Verbindungen zwischen Informationen zu erzeugen, um dadurch Bedeutung zu erschaffen. Weschs Definition von Lernen passt nicht nur zu der Vorstellung, was Lernen mit neuen Medien bedeutet, sondern gleichzeitig zu Altmayers Formulierung des ,kulturellen Lernens‘. Denn zum einen sollte der Fremdsprachenlerner stets sein vorhandenes Wissen und seine bereits gesammelten Erfahrungen auf neue ,Informationen‘ anwenden, um somit eine ,bedeutungsvolle Verbindung‘ zwischen diesen zu erzeugen. Mit anderen Worten sollte der Lerner in der Lage sein, automatisch auf bereits vorhandenes Wissen zurückzugreifen, um neue Informationen zu verarbeiten. Dadurch wird eine Brücke zwischen bereits Existierendem und Neuem geschlagen, wobei eine Erweiterung von Sinnzusammenhängen entsteht. Zum anderen sollte der Fremdsprachenlerner durch Reflexion, Anpassung,Umstrukturierung, Veränderung oder Weiterentwicklung die im Text angelegten kulturellen Deutungsmuster im eigenen Verstehensprozess aktivieren und für die subjektive Sinnzuschreibung nutzen. Neuen Informationen bzw. Texten einen kulturell angemessenen Sinn zuschreiben, d.h eine gehaltvolle ,Bedeutung zu erschaffen‘, um schließlich dazu angemessen Stellung nehmen zu können, sollte Ziel eines jeden Lerners sein. (Vgl. Altmayer, 2007, S.17f)
Herr Dr. Zeuner stellt in diesem Zusammenhang in seiner Textfassung für einen Vortrag auf der Alumnitagung des Lehrstuhls Deutsch als Fremdsprache am Institut für Germanistik der TU Dresden im November 2013 (Abschnitt 3) den konnektivistischen Ansatz von George Siemens ( What is Learning: http://www.connectivism.ca/?p=14) vor, der die Erschaffung von Bedeutung noch nicht als Lernen, sonder als Wissen definiert. Wissen erschließt sich aus dem Verstehensprozess der kontextuellen Informationen oder aus Informationen mit semantischer Bedeutung. Informationen sind hierbei als gesammelte Daten, d.h originale Sachverhalte und Symbole, zu verstehen, die gegliedert, interpretiert, aufbereitet und verwendbar für den Zweck gemacht wurden. Lernen ist schließlich das zur Handlung gebrachte Wissen.
Die nachfolgende Tabelle, entworfen von Herrn Dr. Zeuner , wobei die ersten zwei Spalten aus einer Tabelle im Kapitel „Lernen 2.0“ des Online-Lehrbuch Web 2.0. stammen, fasst abschließend die erworbenen Erkenntnisse zusammen.
Quelle: http://uzeuner.wordpress.com/2013/07/31/landeskunde-und-neue-medien/ am 13.11.2014
Einen detaillierten Überblick über das Prinzip des Konnektivismus bietet folgender Link: http://netzwerklernen.wikispaces.com/Was+ist+eigentlich+Konnektivismus%3F+Definitionen%2C+Erläuterungen%2C+Vor-+und+Nachteile
ALTMAYER, CLAUS: Von der Landeskunde zur Kulturwissenschaft. Innovation oder Modetrend? In: Germanistische Mitteilungen 65/2007. S. 7-21.